Neue Dimension für die Zukunft der Städte – Dachbegrünung 4.0
Dachbegrünung bedeutet „Schutz der Bausubstanz“, bedeutet „ökologischer Ausgleich“ und oft auch „architektonisches Highlight“. Auf dieser Basis hat sie sich über Jahrzehnte weiterentwickelt in allen erdenklichen Facetten der Extensiv- und Intensivbegrünung samt Kombinationen zum Beispiel mit Solarenergie. Heute kommen gänzlich neuartige Dimensionen hinzu mit Potential, das vorhandene und neu gebaute Dächer in Zeiten des Klimawandels erfüllen können. Die innovativen Systemlösungen des Dachbegrünungsherstellers ZinCo heissen „Retentions-Gründach“, „Klima-Gründach“, „Bewässerte Extensivbegrünung“ und „Biodiversitäts-Gründach“. Alles Lösungsansätze für die grossen Herausforderungen, vor welchen die Ballungszentren unserer Städte stehen. Aus diesem Grund scheint es nicht vermessen, von Dachbegrünung 4.0 zu sprechen.
Dachbegrünung 4.0 steht rein begrifflich in Analogie zu dem heute prägenden Ausdruck Industrie 4.0, welcher die digitalisierte Vernetzung von Wertschöpfungsketten als vierte industrielle Revolution deutet – nach der Mechanisierung mit Wasser- und Dampfkraft, nach Elektrifizierung und Automatisierung. Dachbegrünung 4.0 hat gleichsam revolutionäres Potential, also Kraft zu einem grundlegenden und nachhaltigen strukturellen Wandel im Bereich der Dachbegrünung.
Der grosse Innovationsmotor für die neuen ZinCo Systeme heisst Klimawandel. Zunehmende Starkregenereignisse mit der Folge von Überflutung, immer längere Trockenperioden, Überhitzung der Städte und zu hohe Feinstaubwerte sind dringende Probleme, womit sich Stadtentwicklung heute konfrontiert sieht. Vor dem Hintergrund fortschreitender Urbanisierung und weiter rasanter Flächenversiegelung wird deutlich, dass die Probleme in den Städten nicht kleiner werden, sondern immer grösser. Demgegenüber steht das Grundbedürfnis des Menschen nach einem grünen, lebendigen Lebensumfeld. Um dieses Ziel zu verwirklichen, sind Grünflächen seit Jahrzehnten auch auf Dächern zu finden. Die neuen Systeme der Dachbegrünung 4.0 leisten nun gleichzeitig viel Grösseres, zum Beispiel in Sachen Wasserrückhalt, in Sachen Verdunstung oder in Richtung Biodiversität.
Was hilft bei Starkregen?
Dachbegrünung speichert Regenwasser und lässt dieses zeitverzögert abfliessen bzw. auf dem Dach verdunsten. Das tut Dachbegrünung natürlich schon immer, und zwar bei einer Extensivbegrünung in einer Grössenordnung von 20 bis 40 l/m² Wasser, bei einer Intensivbegrünung zwischen 50 und 100 l/m², in Einzelfällen sogar darüber. Das neue zweiteilig aufgebaute „Retentions-Gründach“ von ZinCo aber vervielfacht nun ganz gezielt diesen Rückhalte-Effekt. Es vermag dadurch Niederschlagsspitzen bei Starkregenereignissen effektiv auszugleichen und damit die Kanalisation zu entlasten – was die Hochwassergefahr reduziert.
Unterhalb des eigentlichen Begrünungsaufbaus wird das neu entwickelte Floradrain® FD 60 neo als sogenannter Abstandshalter (Spacer) verwendet. Dieses ermöglicht eine Speicherung von annähernd 55 l/m² Regenwasser – und zwar zusätzlich zu der eingangs bezifferten Wassermenge im eigentlichen Begrünungsaufbau. Das im Floradrain® FD 60 neo gespeicherte Wasser fliesst dann über ein Drossel-Element, das im Gully verankert ist, langsam in einem definierten Zeitraum (zwischen 24 h und mehreren Tagen) in die Kanalisation ab.
Der über dem Spacer liegende Begrünungsaufbau hingegen stellt alle für das Funktionieren der Dachbegrünung wichtigen Aspekte sicher, wie Luft-Wasser-Haushalt im Wurzelraum, Dränage und Wasserspeicherung für die Pflanzen. So sind alle Dachbegrünungs- und Nutzungsformen möglich, auch Geh- und Fahrbeläge. Das „Retentions-Gründach“ ist daher ein herausragendes Beispiel dafür, wie unabhängig von Aussehen und Ausgestaltung der Dachbegrünung ein zusätzliches System implementiert werden kann für maximalen Wasserrückhalt, der in den Städten so immens wichtig ist.
Was wirkt gegen Überhitzung?
Die zunehmende Versiegelung bewirkt ausserdem, dass die Innenstädte durch Wärmestrahlung sehr viel mehr aufgeheizt werden als das Umland und die so entstehenden städtischen Wärmeinseln das Wohlbefinden der Menschen beeinträchtigen. Man spricht vom sogenannten Urban Heat Island Effect.
Das „Klima-Gründach“ ist nun auf eine maximale Verdunstungsleistung ausgelegt, welche gerade in trockenen, heissen Perioden aktiv zur Stadtklimatisierung beitragen kann. Dazu muss der Bepflanzung natürlich kontinuierlich Wasser zur Verfügung stehen, das aus ökologischer Sicht nun kein Frischwasser, sondern Grauwasser sein sollte. Die spezielle Pflanzengemeinschaft „Klima-Gründach“ wurde genau dafür entwickelt – und zwar im Rahmen des DBU-Forschungsprojektes „Optimierung der Evapotranspirations- und Kühlleistung extensiver Dachbegrünungen durch die gezielte Nutzung von Grauwasser“ in Weihenstephan.
Kernelement zur kontinuierlichen Bewässerung ist das neue, zweischichtig aufgebaute Aquafleece AF 300, das über Tropfschläuche automatisch bewässert wird, in Kombination zum Beispiel mit Floraset® FS 50. Das unterseitige dichte Gewebe des Aquafleeces verteilt Wasser zuerst in der Fläche und lässt es erst durchtropfen, wenn das oberseitige Vlies flächig wassergesättigt ist. Eine „pulsierende“ Bewässerung sorgt dafür, dass kontinuierlich Wasser zur Verfügung steht. Durch kapillaren Aufstieg gelangt dieses in das darüberliegende Substrat und wird aktiv von den Pflanzen verdunstet.
Zum Vergleich: ein ausgewachsener, gut mit Wasser versorgter Stadtbaum beispielsweise kann an einem heissen Sommertag etwa 300–500 Liter verdunsten. Eine 100 m² grosse, klassische extensive Dachbegrünung kommt bei guter Wasserversorgung durchaus in dieselbe Grössenordnung, nicht aber bei anhaltender Trockenheit. Genau dann reduziert sich die Verdunstungsrate auf nur ein Zehntel. Mit dem neuen Systemaufbau „Klima-Gründach“ lässt sich die Verdunstungsrate auf etwa das Doppelte, also 700–1000 Liter pro Tag bei 100 m² steigern und auch in Trockenperioden dauerhaft aufrecht erhalten. Ein grosser Vorteil ist ausserdem, dass eine Dachbegrünung nach spätestens zwei Vegetationsperioden Flächendeckung erreicht und damit auch seine maximale Verdunstungsleistung, wohingegen ein neu gepflanzter Baum viele Jahre braucht, bis er ausgewachsen ist.
Die Menge von 300 Liter pro Tag reicht übrigens aus, um das Luftvolumen eines Würfels von 100 m × 100 m × 100 m um etwa 3–5 °C abzukühlen, je nach bereits enthaltener Luftfeuchte. Selbstverständlich beeinflussen Faktoren wie Gebäudehöhen, Windrichtungen und –geschwindigkeiten den Kühlungseffekt, der tatsächlich in den jeweiligen Häuser-Schluchten zu fühlen ist. Generell sorgt eine erhöhte Verdunstung aber immer für eine grössere Kühlung im städtischen Raum. Mit dem innovativen „Klima-Gründach“ können also neue oder vorhandene Dachflächen in den Städten ausgestattet werden, um aktiv das Stadtklima zu verbessern.
Was tun in langen Trockenperioden?
Durch den Klimawandel werden auch in Deutschland mehr Regionen als bislang mit längeren Trockenperioden konfrontiert. Das sind beispielsweise das Mainzer Becken oder der gesamte nordöstliche Bereich von Erfurt, über Magdeburg und Berlin bis nach Usedom. Dort liegen die Jahresniederschläge zum Teil deutlich unter 500 mm. Hier ist also auch bei Extensivbegrünungen eine effiziente und kostengünstige Bewässerung in Trockenzeiten gefragt – eben nicht nur in der Anwachsphase.
Das neue System „Bewässerte Extensivbegrünung“ arbeitet bewässerungstechnisch nach dem gleichen Prinzip wie das oben beschriebene „Klima-Gründach“.
Entscheidender Bestandteil im Systemaufbau ist auch hier das neu entwickelte Aquafleece AF 300, das über eine automatische Steuerung per Tropfschläuche bewässert wird, sofern eben natürliche Regenfälle ausbleiben. Wasserverteilung im Aquafleece und kapillarer Aufstieg in das darüberliegende Substrat sorgen dafür, dass den Pflanzen direkt im Wurzelraum kontinuierlich Wasser zur Verfügung. Genau deshalb ist auch der Wasserverbrauch erheblich reduziert, im Gegensatz zu einer herkömmlichen Zusatzbewässerung von oben, zum Beispiel durch Rasensprenger, wo das Wasser teilweise an der Oberfläche verdunstet. Auch im Vergleich zur klassischen Tröpfchenbewässerung ist das neue System mit seiner intelligenten Wasserverteilung klar im Vorteil, da weitaus weniger Tropfschläuche notwendig sind. So wird bei der Installation und im Wasserverbrauch viel bares Geld gespart.
Gleichzeitig übernimmt Auqafleece die Funktion des sonst im Dachbegrünungsaufbau notwendigen Systemfilters als Abgrenzung zwischen Substrat und Dränageschicht. Und unterhalb des Auqafleece kann das Dränelement objektgerecht entsprechend dem Dachgefälle ausgewählt werden. Daher ist das System sehr anpassungsfähig, so dass das Spektrum vom 0°-Dach bis zu einem Neigungswinkel von bis über 5° reicht. Auch kleinere Dachunebenheiten mit Pfützenbildung können problemlos überbrückt werden.
Der „Bewässerten Extensivbegrünung“ gelingt der Spagat zwischen kostengünstiger Lösung und dauerhaftem Funktionieren einer Begrünung in trockenen Klimaten – hier genauso wie im mediterranen Raum. Dies sichert gesundes Pflanzenwachstum und Artenreichtum.
Was fördert die biologische Vielfalt?
Neben all den neuen Systemen, die im Zeichen des Klimawandels stehen, ergänzt schliesslich das „Biodiversitäts-Gründach“ das Spektrum von Dachbegrünung 4.0, denn die Erhaltung der „Biodiversität“, also der „biologischen Vielfalt“ in der Natur, gilt als wichtige Grundlage für das menschliche Wohlergehen.
Dachbegrünungen, vor allem pflegearme, das heisst weitgehend ungestörte Begrünungen, sind wichtige Rückzugsräume für Tier- und Pflanzenarten. Dabei hängt die Entwicklung der Artenvielfalt sehr stark davon ab, wie die Lebensräume aufgebaut sind, die den Pflanzen und Tieren auf dem Dach angeboten werden. Das „Biodiversitäts-Gründach“ ist gekennzeichnet durch besondere Biodiversitäts-Module, die die Biotop-Funktion und Artenvielfalt des Gründachs immens steigern.
Zu nennen sind hier Massnahmen wie das Modulieren der Substratoberfläche. Während für Sedum-Arten und andere Sukkulenten 6 cm Substrathöhe ausreichend sind, lässt sich der Wurzelraum für eine artenreiche Kräuter- und Gräservegetation durch einzelne Anhügelungen auf 12 bis 15 cm erhöhen. Förderlich ist dafür auch ein humus- und nährstoffreicheres Substrat. Bei der Pflanzenauswahl kann unmittelbar auf deren Bedeutung als Futterpflanze für Insekten und Vögel geachtet werden. Abgestorbene Äste und Stämme lassen sich als wertvolles Strukturelement einsetzen und werden von Moosen, Flechten und Pilzen als Lebensraum genutzt. Wichtige Bereicherungen stellen auch vegetationsfreie Flächen in Form von Sandlinsen und Grobkiesbeeten dar, genauso wie temporäre Wasserflächen, um das Wasserangebot für Insekten und Vögel zu verbessern. Sehr dienlich sind sämtliche Nisthilfen, vom Insektenhotel für Wildbienen über Hummelnistkästen bis zu Ameisensteinen. Mit der Zeit entsteht so ein besonders artenreicher und ökologisch wertvoller Lebensraum auf dem Dach.
Bereits existierende, artenärmere Extensivbegrünungen oder auch wenig gestörte Intensivbegrünungen lassen sich mit diesen Modulen jederzeit in ein „Biodiversitäts-Gründach“ verwandeln. So kann jedes Gründach beitragen zu mehr Artenreichtum an Fauna und Flora und damit auch zum Erhalt der Lebensgrundlagen für den Menschen.
Nichts ist so stetig wie der Wandel
Dachbegrünung stand immer schon für ökologischen Ausgleich und nutzbare Freifläche. Sie schützt die Dachabdichtung, wirkt als Wärmedämmung sowie Schallschutz, bindet Staub und Schadstoffe. Ihr Wasserrückhaltevermögen haben viele Städte und Gemeinden auch bisher in Form von gespaltenen Abwassergebühren honoriert. In Zeiten des Klimawandels erkennen viele Städte Handlungsbedarf und haben einschlägige Förderprogramme installiert bzw. arbeiten daran – pro Dachbegrünung, wie sie diese bisher kannten.
Mit all den beschriebenen neuen Dimensionen von Retention, Bewässerung und Verdunstung bis zur Biodiversität können Dachbegrünungen grundlegend mehr leisten als bisher. Ob Neubau oder Sanierung, Dächer sind ohnehin vorhanden und Dachbegrünung 4.0 führt dazu, das Potential dieser Dächer revolutionär neu zu nutzen.
Autor: Roland Appl, Technischer Leiter, ZinCo GmbH
Weitere Informationen erhalten Sie bei:
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